Am Sonntag vor dem Rennen war ich nervös wie schon lange nicht mehr. Ich
hatte nicht sehr gut geschlafen und war am Morgen auch ein bisschen gereizt.
Nicht überraschend den die Halbmarathon Schweizermeisterschaft war ja mein
ganz grosser Saisonhöhepunkt und vor allem meine Bestätigung, dass ich nach der
langen Verletzungspause wieder schnell laufen kann. In der Vorbereitung hatte
ich eigentlich alles richtig gemacht und auch die Rennbedingungen waren genau
nach meinen Gusto. Was will man mehr. Aber es ist halt schon so, „man soll das
Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist“ und ich hatte keine Ahnung
mit welchen Gegnern ich es zu tun haben werde. Gut möglich das ein Jüngerer
noch einen Zacken schneller ist. Ich gehöre ja schon zu den Oldie in der M50er-Kategorie.
Aber eines wusste ich, wenn mich jemand schlagen will, muss er sich sehr
beeilen
J
Zum Glück war kein 50-iger schneller und ich konnte die Alterskategorie
gewinnen. Über den Sieg habe ich extrem gefreut und hatte sogar etwas feuchte
Augen, als ich die Bestätigung von Datasport erhalten hatte. Noch viel bewegender
war für mich die Leichtigkeit, mit der ich das Rennen laufen konnte. Da war
wieder das wunderbare Gefühl über die Stecke fliegen zu können und kein mühsames
Abkämpfen. Auch über die Distanz ging es wieder problemlos. Mit jedem Kilometer
wurde das Rennen etwas leichter (ausser die Steigungen, die waren für mich
schon an der Grenze). Dass ich eine Zeit von 1:16:07 schaffe, hätte ich nicht
gedacht. Noch vor zwei Jahren lief ich auf der gleichen Stecke nur eine 1:18er
Zeit.

Eigentlich schade, es wäre sogar unter 1:16 möglich gewesen, wenn ich mich
nicht auf taktischen Spielerein hätte einlassen müssen. Da war ein anderer
Läufer, ein echt mühsamer Typ, der ist immer so unregelmässig gelaufen und
wollte nie führen. Er hat aber alles gegeben um ja nicht von mir abgehängt zu
werden, andere hat er ziehen lassen. Er hat mich auch zweimal fast Zufall
gebracht. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass er das Rennen auf mich ausrichtet.
„Er sieht zwar jünger aus, aber man weiss nie, es ist nicht auszuschliessen,
dass er in der gleichen Kategorie läuft“. Als mir das bewusst wurde, bin ich
nicht mehr auf Tempo gelaufen sondern habe mich mehr um diesen Gegner gekümmert.
Ich rechnete damit, dass ich im Flachen vermutlich etwas schneller bin. Also
habe bis zu den letzten zwei Kilometer gewartet und dann noch einmal
beschleunigt. Er konnte nicht mehr folgen. Alles für nix, er war nicht in
meiner Kategorie.

Der Halbmarathon in Sarnen ist super organisiert, dass muss man sagen. Am
meisten Freude hatte ich an den Kilometerangaben. Da waren nicht einfach bloss Tafeln
sondern bei jeden Kilometer stand eine Person mit einer Fahne und hat einem
sogar die Distanz zugerufen. Echt sympathisch. Auch die Stimmung an der Strecke
war super und die Gegend ist sowieso postkartenschön. Einzig die Rangverkündigung
dauerte extrem lange. Ich musste fast 2 Stunden auf den nicht gerade bequemen
Festbänken ausharren bis ich endlich an die Reihe kam. Wenn es nicht um die Goldmedaille
gegangen wäre, ich hätte nicht so lange gewartet.
Etwas zum gewonnen Preis: Viele kennen meine Story mit dem Asics-Gutschein
bei Ochsner den ich bei der ersten Austragung in Sarnen gewonnen hatte. Diesmal
gab es wieder einen Gutschein von Ochsner und mein erster Gedanke war „das darf
doch nicht wahr sein“ Nur, diesmal ist der Gutschein einfach für Ochsner und
nicht an Asics-Produkte gebunden. Also ein sehr guter Preis, ich freue mich
darüber.
Jetzt noch meine Rennanekdote: Während der Reise nach Sarnen unterhielt ich mich
einem anderen Läufer im Zugabteil vis-a-vis. Er stellte die Standardfrage ob ich
zwäg bin. Meine Antwort: „hervorragend, ich bin bereit, fühle mich in Form und
werde eine gute Zeit laufen. Ich weiss nicht ob ich gewinne, aber wer schneller
sein will, muss sich beeilen
J „). Natürlich hat der halbe Zug zugehört und ich
spürte förmlich die Blicke auf mir. Ich habe dann ein grosses Kompliment
erhalten, weil ich mich nicht wie alle anderen hinter Ausflüchten verstecke.
Wer hat das nicht auch schon gehört „ich bin nicht zwäg, ich habe eine
Erkältung, konnte nicht trainieren und sowieso tut mir das Knie weh ….. etc).
Kein Witz, während dem Rennen habe ich bei Kilometer 12 gedacht „Schade nur
noch 9 km“ bei Kilometer 17 „nur noch ein paar Kilometer, geniesse sie“. So
macht Rennen Spass.